Der Verein

 
Die Entstehungsgeschichte
 
Als vor 100 Jahren die Vorkämpfer der Schaffung eines leistungsfähigen Jagdgebrauchshundes mit rauer Jacke die Erkenntnis gewonnen hatten, daß mit der in der damaligen Zeit engstirnig betriebenen Rasse-Reinzucht dieses Ziel nicht zu erreichen ist und auch die von Hegewald entwickelte „Pudelpointer-Idee” in der Praxis nicht den gewünschten Erfolg brachte, entschlossen sie sich durch Gründung eines neuen Zuchtvereins die Basis für die Realisierung ihres Vorhabens zu schaffen. Nach einem Aufruf in der Presse zur Gründungsversammlung erschienen allerdings nur drei der aktiven Streiter für die Jagdgebrauchshund-Idee. Es waren C. Koch, Großfurra in Thüringen; G. Meier, Kurzwalde; und J. Kohlhase, Günzerothe a. Harz.
 
Sie vollzogen am 11. Mai 1902 im Schützenhaus zu Sangerhausen die Gründung des Vereins als „Verein Drahthaar” und wählten einen Vorstand, dem die drei anwesenden Gründungsmitglieder, der nicht anwesende Alex Lauffs als Vorsitzender und weitere abwesende Gründungsmitglieder angehörten. Damit war einer der erfolgreichsten Zuchtvereine der Jagdgebrauchshundgeschichte gegründet.

Zwei Jahre später, auf der Vereinsversammlung am 7. Mai 1904 in Berlin, wurde dann die Umbenennung von „Verein Drahthaar” in „Verein Deutsch-Drahthaar” beschlossen, und die Satzung erhielt durch Neuformulierung und Erweiterung eine neue Fassung. In § 2 dieser Satzung wurde der „Zweck” des Vereins sehr klar und präzise formuliert: Der Zweck des Vereins ist die Züchtung und Prüfung von drahthaarigen (in der Satzung hervorgehoben) Vorstehhunden, welche bei unauffälliger Farbe in ihrem Äußeren den im Stammbuch Deutsch-Drahthaar Band 1 Seite 3 dargestellten Idealtypus und in ihren Eigenschaften dem durch die Forderungen der Verbandsprüfungsordnung gekennzeichneten Gebrauchshunde möglichst nahe kommen (1).

 
In dieser Formulierung findet sich die Zielvorstellung von Hegewald, dem geistigen Vater unserer Gebrauchshundidee wieder, einen passenden Gebrauchshund (von Hegewald hervorgehoben) resp. Försterhund zu züchten, der diesen Ehrenmännern zum vielseitigen Nutzen, zum täglichen Schutz und zur immerwährenden Freude gereiche, und solange ich lebe, wird meine Feder nicht rasten, bis dieses erhabene Ziel erreicht ist (2).

Hegewald, mit bürgerlichem Namen „Sigismund Freiherr von Zedlitz und Neukirch” war ein Theoretiker und hat seine Ideen, so wie in obigem Satz erklärt, vor allem versucht mit der Feder zu propagieren und durchzusetzen, realisiert haben sie schließlich andere. Einer von ihnen war der erste und langjährige Vorsitzende Alex Lauffs, der in einem Beitrag für die DD-Blätter (3) schrieb:

Der Wille zum leistungsfähigen Gebrauchshund stand an unserem Anfang.

Als er dies nach einem viertel Jahrhundert des Bestehens des Vereins feststellte, konnte er eine überaus erfolgreiche Bilanz ziehen. Die Mitgliederzahl war nach der durch den 1. Weltkrieg bedingten Stagnation vor allem in den Nachkriegsjahren sehr schnell gewachsen und betrug 1920 schon 454. Auch die Zahl der ins DGStB eingetragenen Deutsch-Drahthaar war ständig gestiegen und erreichte 1927 schließlich Deutsch-Kurzhaar, was die Eintragungen betraf, überholte. Horst Detert, langjähriger Schriftleiter der DD-Blätter, nannte deshalb die letzten Jahre des ersten Vierteljahrhunderts der Vereinsgeschichte in der Festschrift zum 75jährigen Jubiläum unseres Vereins die „goldenen 20er Jahre” des Vereinsaufstiegs (4).

In diese Zeit fiel im Jahre 1920 die Gründung des Hegewald-Bundes, die anlässlich der 1. Hegewald-Zuchtprüfung, damals mit dem Namen „Erste Zuchtprüfung für Rauhhaarjährlinge”, in Lübbenau stattfand. Vorsitzender wurde C. W. König aus Rostock in Mecklenburg. Der Grundgedanke des Hegewaldbundes war die Zusammenführung aller Rauhaar-Zuchtvereine zu gemeinsamer Arbeit und gemeinsamem Wettbewerb (Hegewald-Zuchtprüfung). Es sollte ein gemeinsames Hegewald-Zuchtbuch mit vier Unterabteilungen und selbständiger Zuchtbuchführung für die einzelnen Zuchtvereine (DD, DSt, PP, Gr) geschaffen werden. Dieses gemeinsame Zuchtbuch scheiterte an der Inflation, und eine wirkliche Zusammenarbeit gab es anfangs nur zwischen DD und PP. Wegen der zögerlichen und zum Teil ablehnenden Haltung von DSt und PP kam es leider nie zu einer arbeitsfähigen Vereinigung im Sinne der einheitlichen Rauhaaridee. Zwar wurde die Hegewald-Zuchtprüfung bis einschließlich der 9. noch unter dem offiziellen Dach des Hegewald-Bundes geführt, aber nach dem Scheitern der Verhandlungen mit dem Rauhhaar-Reinzuchtverband 1927 wurde die Hegewald-Zuchtprüfung zu einer reinen VDD-Prüfung, und damit wurde die erfolgreiche Geschichte der Hegewald Zuchtprüfungen des VDD begründet.

Kurz nach dem Jubiläum zum 25jährigen Bestehen des Vereins war die Anerkennung des VDD und seiner Zuchtprinzipien durch das „Deutsche Kartell für Hundewesen” (DKH) zweifellos ein weiterer, ganz wichtiger Meilenstein in der Entwicklung des Vereins. Um diese Anerkennung hatte der VDD gegen den Widerstand der Vertreter der Rasse-Reinzucht-Idee jahrelang gerungen. Die Anerkennung durch das DKH als Dachverband für alle Zuchtvereine bedeutete die Anerkennung des Deutsch-Drahthaar als selbständige Rauhaarrasse mit eigenem Rassestandard. Damit war endgültig der offizielle Durchbruch für die Idee des drahthaarigen Gebrauchshundes im deutschen Jagdgebrauchs¬hundewesen besiegelt. Auch in den Folgejahren konnte der VDD trotz der schlechten wirtschaftlichen Lage (Weltwirtschaftskrise) eine weitere erfolgreiche Entwicklung nehmen bzw. seine starke Position im Jagdgebrauchshundwesen behaupten. Die Mitgliederzahl war auf 2000 angewachsen, die in über 20 Gruppen, damals Gaue genannt, organisiert waren. Horst Detert verweist in der schon genannten Festschrift (5) darauf, dass zur damaligen Zeit (1929) die „Erste Arbeitstagung der Gauzuchtwarte” stattfand, und bezeichnete sie als Ursprung der heutigen Zuchtwartetagungen. Während der Zeit des Faschismus gab es auch für den VDD viele Reglementierungen, die aber vor allem organisatorische Einordnungen und Bezeichnungsänderungen des Vereins und seiner Führungsgremien betrafen. So musste der VDD den Namen „Fachschaft Deutsch-Drahthaar” (FDD) annehmen und wurde in den „Reichsverband für das deutsche Hundewesen” (RDH) eingegliedert, der seinerseits Fachgruppe des „Deutschen Schießsportverbandes” war. Die Gaue wurden in Gruppen umbenannt (6). Die erfolgreiche Arbeit des Vereins wurde, vor allem dank der hervorragenden Arbeit des Hauptvorstandes und der Gruppenvorstände, jedoch ohne ernsthafte Unterbrechungen fortgesetzt. So waren 1938 von 561 ins DGStB eingetragenen Hunden 270 DD und für 1939 erwartete man einen Mitgliederstand von 3000. Noch im Kriegsjahr 1941 wurden mehr als 2000 Ahnentafeln ausgestellt (7). Andere Aktivitäten, wie die Durchführung der jährlichen Hauptversammlungen, waren jedoch während der Kriegsjahre stark eingeschränkt. So fielen die geplante Hegewald-Zuchtprüfung und die damit verbundene Hauptversammlung in Bingen im ersten Kriegsjahr 1939 aus. Auch 1940 gab es keine Hauptversammlung, und Hegewald-Zuchtprüfungen fanden während der Kriegsjahre nicht mehr statt.

Während die Mitgliederzahl bei Kriegsende noch etwa 4000 betrug, waren durch den Krieg und seine Folgen in das Hundematerial und vor allem in das Zuchtpotential riesige Lücken gerissen. In seinem grundlegenden Beitrag hat Dr. Uter in der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des VDD (8) die prekäre Situation nach Kriegsende beschrieben, aber gleichzeitig Wege und Ziele für den züchterischen Wiederaufbau vorgezeichnet.

Schon bald nach Kriegsende fanden sich in vielen Teilen Deutschlands, sowohl in den damaligen Westzonen als auch in der Ostzone, aktive DD-Leute zusammen und versuchten, mit dem noch vorhandenen Hundematerial die Arbeit wiederaufzunehmen.

Ab März 1949 erschienen unter dem damaligen Schriftleiter Friedrich Ostermann nach 5jähriger Pause die DD-Blätter wieder, und in Hamm fand nach 10jähriger Pause die 20. Hegewald-Zuchtprüfung statt, zu der immerhin 83 Hunde gemeldet waren. 1950 hatte der VDD etwas über 2000 Mitglieder und bestand aus den Gruppen Baden, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg, Mittelrhein, Niederrhein, Niedersachsen, Oberfranken, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen, Westfalen und Württemberg und den kleineren Gruppen Altmark, Artland, Harz und Magdeburg (9).

Leider zeichnete sich aber zu dieser Zeit schon die Spaltung des VDD in den westlichen und den östlichen Teil ab. Anfangs waren im Vorstand des VDD noch der Vorsitzende Ost als stellvertretender Vorsitzender und ein sogenannter Betreuer des Ostens als Mitglieder vertreten. 1954 erhielten sie den Status 2. Vorsitzender bzw. Beisitzer.

Auch in den DD-Blättern gab es bis über die Mitte der 50er Jahre noch die Termine und Prüfungsberichte aus den Ostgruppen, und an den Hegewald-Zuchtprüfungen nahmen bis 1960 Mitglieder aus diesen Gruppen mit ihren Hunden teil.

Mit dem Fortgang der politischen Entwicklung in der 1949 gegründeten DDR wurden jedoch die Kontakte zum VDD immer mehr eingeschränkt, und mit dem Mauerbau 1961 war die Spaltung des VDD endgültig vollzogen.

Quelle: Professor Dr. Dieter Birnbaum